Vita
In der Kleinstadt Novotriosk im Südural nahe der Grenze zu Kasachstan existierte keine Kunst außer dem gewöhnlichen Ausdruck kommunistischer Ästhetik. Die Sommer verbrachte Olga im Pionierlager, der kommunistischen Einrichtung für Jugendliche in Freizeit. Ihre Mutter war die Direktorin dieses Lagers, eine Lehrerin, überzeugte Kommunistin mit starkem Interesse für Theater, das sich auf die Tochter übertrug. Ansonsten fand der Kontakt zur Kunst lediglich über gekaufte Kinomagazine statt. Waren einmal Tourneetheater in der Stadt, trafen sich die Künstler im Haus von Olgas Familie und diskutierten über Kunst und die Welt. Es war wohl diese Athmosphäre, die Olga unbewußt beeinflußte.
Nach Ihrem exzellenten Abschluß am Gymnasium war ein Studium folgerichtig. Olga ging nach Chelyabinsk, -Moskow war zu weit weg und zu teuer- nicht besonders überzeugt, eher eine Freundin folgend, an die Technische Universität und absolvierte ein Ingenieursstudium im Traktorenbau. Dort hatte sie zum ersten Mal Kontakt zum Tanz. Volkstanz und klassisches Ballett. Sie war überwältigt von den körperlichen Fähigkeiten der Tänzer und probierte sich selber daran aus. Sie erwies sich als talentiert und gegen alle Regeln im sozialistischen System setzte Sie nach ihrem Abschluß des Ingeneurstudiums ein weiteres Studium -im Tanz- an dem Kulturinstitut Chelyabinsk durch. Es war nicht sehr umfasssend, eher geprägt von Folklore und klassischem Ballett gefolgt von der Theorie der sozialistischen Ästhetik.
In dieser Zeit gab es nicht sehr viel zeitgenössischen Tanz in Russland. Einige wenige Persönlichkeiten aus Moskau und St. Petersburg waren im Westen und brachten Einflüsse von dort mit. Diese gelangten jedoch nicht bis in den Ural. Die erste Arbeit der Company, die 1992 gegründet wurde von Olga und Ihrem damaligen Mann Vladimir beschränkten sich auf unterhaltende Kurzprogramme, schon die Richtung des zeitgenössischen russischen Tanzes streifend.
Olgas erstes Werk als Gastkünstler am EDDC (Europeen Dance Development Center) in Arnhem/Netherlands war „Do I have you or don't I“ erhielt die „Golden Mask“, die nationale russische Theaterauszeichnung und nachdem Bertam Müller dieses Werk während des Festivals in Volgograd gesehen hatte, lud er es ein ins Tanzhaus NRW nach Düsseldorf. Seit dieser Zeit ist dieses Stück in vielen Ländern der Welt zu sehen gewesen unterstützt durch das Ministerium für Kultur in Russland. 2004 wurde „Staring into Eternity“ im Rencontres Chorégraphique Internationales De Seine-Saint-Denis, Bagnolet/Frankreich uraufgeführt gefolgt von der Produktion „The Other Side of the River“ für das Théâtre de la Ville in Paris.
Für Olga Pona und ihre Tänzer ist das Entwickeln und Aufführen ihrer Werke nicht nur eine künstlerische Notwendigkeit sondern ein Weg, vielleicht der einzige, die Stärke zu finden, als Künstler in der heutigen russischen Realität zu bestehen und aus dieser die notwendige Inspiration zu beziehen.
Es ist ein großartiges Geschenk, ihre Werke im „Westen“ zu zeigen und gleichzeitig ist es nicht einfach. Sie messen sich an einer starken westlichen Geschichte des zeitgenössischen Tanzes und der damit einhergehenden Erwartung, was „neu“ ist und was nicht. Die Identität mit Olgas Arbeiten ist in Abhängigkeit zu der russischen Geschichte des zeitgenössischen Tanzes zu suchen. Es gibt diese starke westliche Geschichte dort nicht. Lange geografisch isoliert fanden tänzerisch westliche Elemente Einfluss, nicht aber das Verwenden ihrer Regeln. Olgas Arbeiten sind russischer zeitgenössischer Tanz, deren Ursprung das Leben in der russischen Gesellschaft ist, die nicht mehr russisch ist im traditionell russischen und im westlichen Sinne. Olgas Arbeiten bewegen sich in diesem undefinierten Raum und finden ihren Halt in einer eigenen zeigenössischen russischen Identität.
Das Privileg der momentanen Situation ist, dass die Chelyabinsk Contemporary Dance Theater Olga Pona eine feste Institution ist und Olga so die Möglichkeit hatte, lange mit ihren Tänzern zu arbeiten. Das gab ihr die Möglichkeit, einen eigenen „Ausdruck“ zu entwickeln, spezifische Bewegungen eingebettet in Olgas eigener choreographischen Sprache. Zudem macht diese Situation es ihr möglich, eine große Spannweite ihres Repertoires lebendig zu halten und ständig verfügbar. Chelyabinsk hat sich in der Zwischenzeit zu einem eigenen Zentrum für zeitgenössischen Tanz in Russland entwickelt, nicht zuletzt auch durch eigene Choreographien Ihrer Tänzer.